Ifa-Koordinatorin über Berliner Haushalthilfen aus Rumänien
„Radio Neumarkt auf Deutsch“ vermeldete es, die Hermannstädter und die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien (20.1.12, 11.12.2011) ebenso: Es gibt eine neue Regionalkoordinatorin des Instituts für Auslandsbeziehungen, die sich seit Anfang November um die IfA-Kulturmanager in Serbien, Ungarn und Rumänien kümmert. Davon gibt es allein in Rumänien vier, wobei allerdings die Stelle in der Evangelischen Akademie Siebenbürgens vakant ist. Die Neue ist Friederike Binder (37). Zu den Angaben über Biografisches kommt in den Meldungen auch die Berufsbezeichnung als Diplom-Sozialarbeiterin. Studiert hat sie an der Fachhochschule Potsdam und dort auch ihre Abschlußarbeit geschrieben, die 2008 in Saarbrücken veröffentlicht worden ist.
Diese trägt den zunächst irritierenden Titel „Der Glanz von Berlin“, der sich aber rasch erschließt über die Arbeit von Putzfrauen aus internationalen Herkünften, die Glanz in Berliner Häuser, Wohnungen und Büros bringen. Über sie gibt es bereits einen gleichnamigen Film. Vor allem aber sind sie prekär beschäftigt und schlecht bezahlt.
Friederike Binder analysiert in ihrer Untersuchung die Lebenswege dreier Frauen aus dieser Branche, tut es penibel und einfühlsam. Darin zeigt sich nicht zuletzt eine Wertschätzung gegenüber der Bereitschaft ihrer Probandinnen zu ausführlichen Interviews. Diese Einwilligung zur Mitarbeit war nämlich nicht selbstverständlich. Nach vergeblichen Versuchen bei verschiedenen Einrichtungen wurde die Autorin in zwei Fällen fündig in der Berliner rumänisch-orthodoxen Gemeinde, einer Anlaufstelle für rumänische Migrantinnen und Kristallisationspunkt ihres Lebens in der Metropole. Auch eine evangelische Teilnehmerin an der Studie sieht das für sich selber so.
Die Frauen leben unterschiedlich lange in Deutschland,mit unbefristeter Aufenthaltsgenehmigung seit 13 Jahren, die beiden anderen mit befristetem Status 3 bzw. 1,5 Jahre. Sie haben alle mehrere Berufsabschlüsse, sind akademisch gebildet, leben in verschiedenartigen Beziehungen, mit Kindern und ohne. Eine Psychologin und Familientherapeutin, 1972 in einer transsilvanischen Kleinstadt geboren, beschreibt die eigene Lebenseinstellung seit der Kindheit mit „auf der Suche sein“, „auf dem Weg sein“. Sie kommt nach Deutschland aus persönlichen Gründen. „Ganz am Anfang habe ich mich total verloren gefühlt. Ich war so, ja, wirklich so, verloren.“ „Ein anerkanntes Diplom zu haben, wenn du das nicht praktizieren kannst, es war fast als nichts.“ Sie mußte sich auf vielen Ebenen als „ganz abhängig“ empfinden und vermißt ihre frühere Arbeit in der Heimat und den Spaß daran. Sie putzt seit ihrer Einreise am Wochenende Büroräume. Sie kennt kurzfristige Beschäftigungen und unvergütete Praktikumszeit, auch mehrmonatige Arbeitslosigkeit. Das Fazit gegenüber ihrer Interviewerin, stockend und authentisch: „Aber jetzt weiß ich, was ich das für meine eigene Erfahrung, daß ich viel, noch viel mehr durchmachen kann, als ich gedacht habe.“
Friederike Binder differenziert anhand der deutschen Rechtslage die nur scheinbar so gleiche Situation ihrer Gesprächspartnerinnen: „Die drei Frauen aus Rumänien kommen im Sinne der bundesrepublikanischen Zuwanderungsmöglichkeiten als Heiratsmigrantin (A),im Rahmen des Familiennachzugs (B) und als Asylbewerberin (C) nach Berlin.“ Sie weist den methodischen Weg ihrer Analyse theoretisch und praktisch klar nach und macht aus der Notwendigkeit von Kurskorrekturen kein Hehl:“Angesichts der Vielfalt der Migrationsverläufe von ZuwanderInnen ist es an der Zeit, (sozialpädagogische) Konzepte zu entwickeln, die die biografischen Verläufe der MigrantInnen berücksichtigen und auch biografische Brüche als eine Ressource erkennen.“ Was für eine notwendige Forderung der Vernunft, was für ein Herzenswunsch – und welche Zeiträume bis zu deren Durchsetzung und Erfüllung!
Jens Langer, Rostock
Friederike Binder, Der Glanz von Berlin. Rumänische Hausarbeiterinnen in Berlin, VDM Verlag Dr. Müller: Saarbrücken 2008. 81 S. 49,– EUR
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