Interview mit György Konrád

Als der Schriftsteller, Soziologe und Psychologe György Konrád am 24. Mai den diesjährigen Karlspreis erhielt, verzichtete er in seiner Dankesrede nicht darauf, daran zu erinnern, daß dieser Preis zuvor zwei wichtigen Repräsentanten für die NATO-Bombardierungen Jugoslawiens 1999 zugesprochen worden war. Konrád hatte diesen Krieg auf das Schärfste kritisiert.

Der 1933 im ungarischen Debrecen als Sohn eines Maschinenhändlers Geborene war einer der bekanntesten Dissidenten der Vorwendezeit. Als junger Mann konnte er sich der Deportation nur knapp durch die Flucht nach Budapest entziehen, der Großteil seiner Familie überlebte den Holocaust nicht. Am Volksaufstand 1956 nahm er als Lehrer teil, mußte danach aus politischen Gründen ein neues Betätigungsfeld finden und arbeitete als Sozialarbeiter und Soziologe. Anfang der 70 Jahre kam es jedoch zum erneuten Bruch mit dem System.
Konrád veröffentlichte zahlreiche Bücher, darunter sehr politisch orientierte wie das 1978 erschienene „Die Intelligenz auf dem Weg zur Klassenmacht“ oder „Antipolitik. Mitteleuropäische Meditationen“ von 1985. Er plädiert für die Überwindung des Nationalstaates und einen gesamteuropäische Vision – in seiner Aachener Dankesrede bezeichnete er Europa als eine Ehe, eine Vereinigung und nicht als eine Verschmelzung; es sei zu hoffen, dass die Europäer sich nicht nur über den Euro sondern eben über die europäische Kultur identifizieren könnten.

Ein Beitrag für „Europa von unten“ (06/2001).

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