100 + x: Wessen Präsident ist #KlausIohannis?

Präsident Klaus Iohannis (Quelle: http://www.presidency.ro/pop.php?_RID=img&img=27228.jpg)
Präsident Klaus Iohannis (Quelle: http://www.presidency.ro/pop.php?_RID=img&img=27228.jpg)

Die Wahl des konservativen Präsidenten Klaus Johannis im November 2014 war ein Gewinn für unsere Gesellschaft, davon bin ich weiterhin überzeugt. Wo stehen wir heute – was hat Johannis bisher erbracht?

Seine erste, die Landespolitik betreffende Handlung war ein Treffen mit der Regierung und Parteienvertreter*innen aller Coleur. Auf der Tagesordnung stand die Erhöhung des Verteidigungsetats auf zwei Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung gemäss eines NATO-Ziels. Damit outete sich Iohannis als Präsident der NATO-Integration. Das ist wenig überraschend, wohl aber ernüchternd gewesen: Im Wahlkampf engagierte sich der Kandidat für notwendige Reformen des Bildungs-, Gesundheits- (als pull factors für die Auswanderungsströme vor allem der Mittelschicht verantwortlich) und Rentenwesens, die praktisch am Boden liegen. Heute ist davon keine Rede mehr und der Präsident kann sich auf fehlende Zuständigkeit in der Sache berufen.

Iohannis ist ein medialer Präsident. Seine öffentlichen Auftritte mit etwas steifen Lächeln und gesetzten Sprechen befriedigen die Bedürfnisse einer vermuteten Mehrheit nach Reinstallation der Monarchie. Für die netzaffine Generation kommuniziert Iohannis über soziale Medien. So schafft er den Eindruck transparenten Handelns, den wir in Rumänien so noch nicht erleben durften. Gerade hier verläuft aber auch die Grenze zu einem Soft-Populismus: Zum Jahrestag der Ortschaft Rosia Montana äusserte sich Iohannis als erster relevanter Landespolitiker mit einer Grussbotschaft. Die genauere Lektüre des Textes jedoch liess eine klare Positionierung für oder gegen den seit Jahren umstrittenen Goldtagebau vermissen.

Obwohl er den Wahlerfolg mit seinen Leistungen als Bürgermeister von Sibiu/ Hermannstadt erklärt, weiss Iohannis um sein Image als Angehöriger der deutschsprachigen Bevölkerungsgruppe Rumäniens. Doch bei der Auswahl seiner Berater*innen wurde deutlich, dass Iohannis nun Teil des politischen Systems ist. Wiederholt riefen die Namen von Kandidat*innen Entrüstung hervor – sei es wegen Verbindungen zur alten Nomenklatura oder wegen Korruptionsvorwürfen. Immerhin reagierte Iohannis darauf wiederholt mit der Rücknahme der betreffenden Personen.

Seit dem Wahlkampf haben die Antikorruptionsermittler*innen soviel Arbeit wie nie zuvor. Es sieht aus, als sei eine Lawine losgetreten worden. Täglich wird von neuen Ermittlungen und Verhaftungen bisher als unberührbar geltender Personen berichtet. Das liegt mit an der klaren Parteinahme des Präsidenten für eine unabhängige Justiz. Zum andern trifft auch die Einschätzung zu, dass sich Präsident und Premier „ob aus demokratischer Überzeugung oder aus Neid auf den Anderen“ gegenseitig zu einer für Rumänien eher nützlichen Politik zwingen würden (vgl. Pester Lloyd, 3.4.2015).

Auch wenn es für westliche Ohren irritierend klingen mag – Iohannis ist der Präsident der rumänischen Zivilgesellschaft. Sie hat ihn mit grossem Engagement gewählt und verfolgt sein Tun und Lassen auf Schritt und Tritt. Iohannis ist ein konservativer Politiker und nicht die Stimme sozialer Gerechtigkeit, die wir in Rumänien dringend benötigen. Nach den ersten 100 Tagen Amtszeit besteht jedoch weiter Anlass zur Annahme, dass die Korruption bekämpft und auf politischer Ebene die Zivilgesellschaft endlich ernst genommen wird. Das ist nicht viel, aber sehr wohl ein Anfang.

(Dieser Beitrag erscheint auch in „Archipel – Zeitung des Europäischen BürgerInnen Forums“)

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