
Auch im vergangenen Jahr war Rumänien in den internationalen Medien präsent. Weiterhin mit dem leidigen Thema Korruption und mit dem tragischen der Zerstörung unserer Wälder, ja der Ermordung mehrerer Förster. Hier der unmögliche Versuch einer Zusammenfassung.
Die “sozialdemokratische” Regierung war drauf und dran, sich Rumänien nach Belieben zurecht zu schustern (auch Ceaușescu war Schuster): Alles für den Parteivorsitzenden Liviu Dragnea. Doch dann war’s damit plötzlich vorbei. Seit dem Frühjahr hatte die letzte Instanz immer wieder eine Verurteilung Dragneas wegen illegaler Beschäftigungen verschoben, hinausgezögert und erneut vertagt. Am Tag nach den Europawahlen dann die unglaublich klingende Nachricht: Dragnea rechtskräftig zu drei Jahren Gefängnis verurteilt und dorthin aus dem Gerichtssaal überstellt.
Bis in den Oktober hielt sich die Regierung unter Viorică Dancilă dennoch. Das lag daran, weil es einfach keine andere Mehrheit im Bukarester Parlament gab. Und als sie per Misstrauensvotum gestürzt war, verging nochmals ein Monat, bis die neue, bürgerliche Regierung angelobt werden konnte. Die Mehrheit steht allerdings auf sehr wackeligen Füssen. Was Präsident Johannis mit einem “Erledigt!” abtun wollte, wird sich beweisen müssen. Vorerst ist es ein “Triumph des Neoliberalismus”, wie es in der taz hiess. Die neue Regierung unter Ludovic Orban besteht – abgesehen von zwei Parteilosen – nur aus Mitgliedern der nationalliberalen PNL, die in keiner der beiden Kammern über ein Viertel der Stimmen hinaus kommt.
Die PSD wird sich wandeln, untergehen wird sie wohl kaum. Die Bürgerlichen hingegen müssen beweisen, ob sie die erhoffte Antwort auf die langjährige Misere sind.
Wahlen (auch die Präsidentschaftswahlen dieser Tage) oder Neuwahlen werden die Situation nicht wesentlich verändern. Aber vielleicht ändert sich der Diskurs: Der Korruption sei ja nun der Boden entzogen, möchte man nach all dem Getöne meinen. Aber welche Antworten kommen auf Fragen wie Bildung, Gesundheit, Armut? Eingeweihte Autobahn-Kilometer sind es auf Dauer nicht. Ich bin schon gespannt.
Wald in Gefahr
Zu Recht erschienen in den letzten Monaten gehäuft Beiträge in europäischen Medien mit Titeln wie “Das Brasilien der EU: Rumänien holzt seinen Urwald ab” oder “Illegale Abholzung und Gewalt eskalieren”. Während die einzigartige Natur Rumäniens ein erhaltenswerter Reichtum an sich ist, sprechen die Tatsachen eine andere Sprache. Die EuroNatur Stiftung, so heisst es in einem Beitrag, habe nachgewiesen, dass “fast 50 Prozent der Urwälder Rumäniens, die im Jahr 2005 im Rahmen einer umfassenden Urwald-Inventur identifiziert wurden, (…) inzwischen abgeholzt oder degradiert, und damit zur Abholzung freigegeben [sind]”. Wenn in der nordrumänischen Maramuresch, so in einem weiteren Artikel, “mehr als 90.000 Kubikmeter Holz illegal ausgeholzt” wurden, dann sei dies „nur die Spitze des Eisbergs“ und Beleg für das “Verbrechen in den Wäldern”. Hinzu kommt, dass allein diesem Herbst zwei Förster im Dienst ermordet wurden. Von dem geschlagenen Holz profitieren in diesen Dimensionen stets Grossunternehmen; in diesem Zusammenhang fällt auch immer wieder der Name des österreichischen Unternehmens Schweighofer.
Dieser Wahnsinn ist systemisch. Für die Rettung des Svydovets-Massivs in der an Rumänien grenzenden Region Transkarpatien/ Ukraine wird bereits über zwei Jahre gekämpft (siehe Rundbrief 2018 und aktuell www.freesvydovets.org). Der neue Präsident Zelenskyi ist dabei alles andere als ein Comedian – einer seiner wichtigen Financiers, Kolomoyskyi, zählt zu den Protagonisten des fatalen Plans.
Im Oktober haben wir die Region rund um die Theiss-Quellen besucht, wo für ein Mega-Skiressort die unglaubliche Fläche von bis zu 14.000 ha Wäldern und Urwäldern abgeholzt werden sollen. Sogar die New York Times berichtete unlängst darüber und eine Vertreterin der Free-Svydovets-Initiative nahm als Delegierte am Umwelt-Gipfel in New York City teil. Die lokalen Gegner*innen aus den Dörfern am Svydovets haben so deutlich mehr Gehör erreicht, dabei unterstützt von Longo mai und anderen Organisationen. Das ist nicht zu verachten – Aktivist*innen, die sich für den Erhalt der grünen Lunge Europas, wie die Wälder Rumäniens und Transkarpatiens genannt werden, einsetzen, leben nicht ungefährlich. Sie leben im Ausland oder werden ins Gefängnis gewünscht, während das Holz in ganz Europa weiter verkauft wird.
Antworten
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.